Die französische Regierung verzögert erneut das Inkrafttreten der Ökosteuer, deren Start ursprünglich für den vergangenen Juli geplant war. Nach wiederholten Verschiebungen kann immer noch nicht die reibungslose Funktion des Systems garantiert werden, wodurch das Inkrafttreten nun für den Januar 2014 geplant ist.
Erst vor einigen Tagen schrieb die Le Monde, dass das neue Datum, in Erwartung einer Einigung verschiedener Gruppen und nach der Wahl, der erste Juli 2014 sein könnte.
Aufgrund der Komplexität des Themas wollen wir zunächst analysieren worin die Ökosteuer und der Ursprung der Problematik besteht.
Die Ökosteuer und ihre Ziele
Nach der Analyse des Forschers Mohcine Bakhat der Economics for Energy in seinem Artikel „Las Dificultades en la Implementación de la Ecotasa en Francia“,( Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Öko-Steuer in Frankreich) war das erste Mal, dass wir von der Einführung einer Ökosteuer in Frankreich hörten, das Jahr 2006. Konkret war es ein Vorschlag des damaligen Innenministers Nicolas Sarkozy. Es sollten in- und ausländische Fahrzeuge mit 3,5t oder mehr besteuert werden, die bist dato auf den französischen Straßen kostenlos fahren durften. Das Ziel war es, die Transportunternehmer dazu zu bewegen, kürzere und umweltfreundlichere Routen zu benutzen und Infrastrukturen wie die Schienen und die Binnenschifffahrt zu fördern.
Die Gebühr würde jedoch an die Spediteure weitergegeben werden und nicht an die Transportunternehmen, je nach Fahrzeugtyp und der Eigenarten der verschiedenen Regionen. De facto wurden von Anfang an Kürzungen für Fahrzeuge, die in den peripheren Regionen operieren angekündigt, wie z.B. in der Bretagne.
Wie funktioniert die Erhebung der Ökosteuer?
Es wurde errechnet, dass die Ökosteuer, sobald sie effektiv funktioniert, 800.000 Fahrzeuge, davon 200.000 ausländische, betrifft. Um die Steuer zahlen zu können, müssen die Fahrzeuge ein Satellitenlokalisierungssystem haben, das automatisch die gefahrene Strecke durch das Passieren von Kontrollpunkten, die an den Straßen verteilt sind, berechnet.
Der Konflikt in der Bretagne
Der Premierminister Frankreichs, der Sozialist Jean Marc Ayrault, hat die Aussetzung (nicht die endgültige Aufhebung) der Ökosteuer „zur Fortsetzung des Dialogs“, nach Treffen mit bretonischen Verantwortlichen, beschlossen. Zuvor war es zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen das geplante Projekt gekommen.
Das Hauptargument der Kritiker aus der Bretagne ist, dass diese Region eine der entlegensten in Europa ist und deshalb am meisten unter der Steuer leide. Außerdem habe die Bretagne nur wenige der, von der Steuer ausgenommenen, mautpflichtigen Autobahnen. Des Weiteren basiert die bretonische Wirtschaft vor allem auf der kriselnden Nahrungsmittelwirtschaft, die zudem sehr transportintensiv sei.
Die französische Regierung hatte bereits die Steuer für die Bretagne auf 6,5 Cent/km, statt 13 Cent/Kilometer, die im restlichen Land im Schnitt gezahlt werden (mit Ausnahme des Süden Frankreichs), gesenkt. Dessen ungeachtet formierte sich starker Widerstand, wodurch die Anwendung zunächst ausgesetzt wurde.
Um einen genaueren Einblick zu bekommen, sprachen wir mit dem Journalisten Louis Guarino der „l’Officiel des Transporteurs“, der Referenzzeitung, wenn es um den Transport- und Logistiksektor in Frankreich geht. Uns gegenüber gibt sich Guarino kritisch, ob die Anwendung nächsten Sommer gestartet werden könne: „ Es haben sich mittlerweile andere Regionen dem Protest angeschlossen. Der Sektor erlebt die Tage eine Art von Revolution. Nicht nur die Transportunternehmen versuchen die Ökosteuer zu verhindern, sondern auch andere betroffene Sektoren, wie der Lebensmittelsektor. Auch Personen, die gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung sind, zeigen unterdessen verstärkt ihren Widerstand.“
Auf die Frage, wie ein solch starker Widerstand entstünde, bemerkt Guarino, dass die neue Steuer prinzipiell keine schlechten Ziele verfolge, mit der Reduzierung der umweltbelastenden Transporte und der Finanzierung der Infrastruktur. Das Problem käme zustande, da mehrere Steuern sich summierten und „die französische Regierung einen Sparplan in einem schwierigen ökonomischen Kontext auferlegt hat.“
Die einzige Gewissheit im Moment ist, dass die Ökosteuer nicht vor Januar eingeführt werden wird und dass eine Aufhebung des Projekts nicht einfach sein würde, da die Regierung einige Verbindlichkeiten gegenüber dem Konsortium Ecomouv hat, das verantwortlich für die Konstruktion und Installation der Kontrolleinrichtungen ist. „Es wurden Investitionen im Wert von 610 Millionen Euro vorgenommen. Im Fall einer Zurücknahme der Steuer müsste der Staat dafür aufkommen“, folgert Louis Guarino.